Nach der Wahl ist vor der Wahl
Wer die unzähligen und doch recht wenig voneinander abweichenden Umfragen der einzelnen Meinungsforschungsinstitute zur Kenntnis genommen hat, dürfte am 14. 2. bei der ersten Hochrechnung kurz nach 18 Uhr wenig überrascht gewesen sein. Die Wähler haben den drei Ampelparteien eine heftige Klatsche beschert und signalisiert, dass sie auf absehbare Zeit keine linksgrünen Experimente mehr serviert bekommen wollen. Die Befürchtungen der CDU, doch unter der 30 Prozent-Marke zu bleiben, haben sich bewahrheitet. Die Umfragewerte der AfD waren wochenlang knapp über 20 Prozent stabil geblieben. Und der Sieg der Linken, wie Phönix aus der Asche, dank einer neuen beherzt auftretenden Fraktionsvorsitzenden und drei „Silberlocken“ deutete sich an. Wir möchten nachfolgend ein paar wichtige Erkenntnisse festhalten.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde die AfD in den ostdeutschen Bundesländern klare Nummer eins, doch auch im Westen wird sie inzwischen zunehmend stärker. Der Bochumer Politikwissenschaftler Oliver Lembcke sieht Anzeichen, dass Entwicklungen aus Ostdeutschland auf Westdeutschland übergreifen (dpa, 24.2.). Die ostdeutschen Bundesländer seien eine Art Vorbote, in welche Richtung sich das politische System entwickele. „Jedenfalls wird der Westen in dieser Weise östlicher als der Osten westlicher.“ Der eindeutige Wahlsieg der AfD hat gezeigt, dass allen Widerwärtigkeiten zum Trotz ein Ruck innerhalb der Wählerschaft erfolgt ist. Nicht wenige werden jedoch bedauern, dass dieser Ruck nicht stark genug gewesen ist und einen noch höheren Stimmanteil hätte herbeiführen müssen. Entscheidend ist doch, dass AfD und Linke künftig über eine gemeinsame Sperrminorität verfügen, da eine Zweidrittelmehrheit von Union, SPD und Grünen im künftigen Bundestag nicht bestehen wird. Das wird zur Folge haben, dass die künftige Bundesregierung es schwer haben wird, Verfassungsänderungen durch den Bundestag zu bekommen, beispielsweise in Bezug auf die Aufrüstung der Bundeswehr und weitere Ukraine-Hilfen. Dank einer nunmehr wesentlich längeren Redezeit wird die AfD zweifellos auch mehr Einfluss ausüben können. Und sie wird durch die Bundestagswahl auch finanziell starken Rückenwind erhalten. Laut Bundesinnenministerium, dass Parteien 0,83 Euro für jede für sie abgegebene Stimme erhalten sowie 0,45Euro für jeden Euro, „den sie als Zuwendung (Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder rechtmäßig erlangte Spende) erhalten haben“. Die AfD hat über 10 Millionen Zweitstimmen erhalten.
Friedrich Merz, der schnell eine Regierung bilden will und einen Ton anschlägt, als hätte seine Partei die absolute Mehrheit errungen, gab sich auf dem CDU-Parteitag Anfang Februar Kompromisslos, doch ohne Kompromisse wird er wohl keine Politik machen können. Nach dem Anschlag von Aschaffenburg im Januar war Friedrich Merz noch klar und entschlossen: Die CDU werde nur eine Koalition eingehen, wenn man sich auf eine Wende in der Migrationspolitik einigen würde. Nun rudert Merz wieder einmal zurück und beerdigte bereits 21 Stunden nach seinem Wahlsieg seine versprochene Migrationswende: „Niemand von uns will die Grenzen schließen, niemand.“ (Quelle: zdf.de, 24.2.25) Die Regierungsbildung, sollte sie tatsächlich zustande kommen, verspricht spannungsvoll zu werden und wird kein Selbstläufer sein. Zu viele Knackpunkte wurden festgemacht. Wir werden sehr schnell neue Wahlen haben“, ist sich Alice Weidel sicher. Ziel der AfD in der kommenden Legislaturperiode werde es sein, die CDU zu „zerlegen“.
Und es ist schließlich zu erwarten, dass die Großdemonstrationen gegen rechts, also auch gegen die CDU/CSU, nicht nachlassen werden, ganz im Gegenteil, vor allem, wenn die CDU/CSU den Mut aufbringt, die Subventionen an jene „gemeinnützige Körperschaften“ einzuschränken, die trotz des „Verbots der Parteiförderung“ die gewählten Parteien bedrohen. Wer gewählte Parteien bedroht, ist kein Demokrat, meint unter anderem Gunnar Schupelius (bz-berlin.de): „Die Demonstranten gegen Rechts erklären sich selbst zu den Hütern der Demokratie. Tatsächlich sind sie deren Totengräber, wenn sie Parteien bedrängen und bedrohen, die nicht ihrem politischen Geschmack entsprechen.“